Die Flinsberger Kleinbahn

Die Suche nach einem Thema für ein neues Modellbahnprojekt gestaltet sich oft schwieriger als geahnt. Wenn man es dann geschafft hat die Dinge zu kanalisieren und langsam die Konturen des neuen Projektes sichtbar werden, zeigt sich sehr schnell, dass entweder der zur Verfügung stehende Platz nicht ausreicht oder man finanziell in Regionen gelangt, die eigentlich nicht gewollt waren.

Wir Modelleisenbahner sind uns trotz aller Unterschiede aber in einem einig: Etwas Besonderes soll es werden.

Unter Berücksichtigung der gegebenen Rahmenbedingungen, wie beengte Platzverhältnisse für den Bau der Anlage, modularer Gestaltung um ggf. auch allein bei Ausstellungen aufbauen zu können und Darstellung eines Themas, was nicht alltäglich ist, kam mir die Idee das Projekt in Form einer Standseilbahn umzusetzen. 

Wesentliches Plus einer Standseilbahn ist deren begrenzte Streckenlänge. Für die Umsetzung im Modell ein entscheidender Vorteil. Auch schien mir der Eigenbau entsprechender Fahrzeuge machbar. Mit der für meine Begriffe weltweit interessantesten Standseilbahn, der Oberweissbacher Bergbahn, bietet sich eine umsetzbare Alternative an. Dieses Thema wurde schon mehrfach modellbahntechnisch umgesetzt. Allerdings wurde hier immer Augenmerk auf die Talstation gelegt und diese betrieblich in die Anlage eingebunden. Wesentlich interessanter fand ich die Gestaltung der Bergstation inkl. der dort abgehenden elektrischen Kleinbahn.

Ich hatte damit mein Thema für das neue Projekt gefunden.

Eine naturgetreue Umsetzung kam allerdings von Anfang an nicht in Frage. Die Gleisanlage der Kleinbahn ist für einen interessanten Ausstellungsbetrieb nicht geeignet. Allerdings bietet die gesamte betriebliche Situation der Bergstation genug interessante Aspekte zur Umsetzung im Modell. Die Ansiedelung der Anlage in Epoche II eröffnet den notwendigen gestalterischen Spielraum um ein Refugium für kleinbahntypische Eisenbahnkuriositäten zu schaffen.

 

Technik der Standseilbahn:

 

Die Gestaltung der Standseilbahn lehnt sich im Wesentlichen an das Vorbild an. Spurweite und Fahrzeuge werden übernommen. Damit ist ein Eigenbau allerdings unumgänglich.

Wegen der Spurweite von 1600 mm muss das Gleis in Eigenbau hergestellt werden.

Die Schwellen entstehen aus Nußbaumholzleisten (3x3mm). Diese sind mit Hakenplatten der Fa. Tillig versehen und einzeln auf die Fahrbahnunterlage geklebt. Das Schienenmaterial kann dann wie beim Modellgleis in die Hakenplatten eingeschoben werden.

Wesentlich aufwändiger war die konstruktive Gestaltung des Seilbahnantriebs. Üblicherweise haben Standseilbahnen nur ein Seil, an dessen Enden die beiden Fahrzeuge hängen. Diese Konstellation war bei meinem Projekt nicht anwendbar, da die Strecke der Standseilbahn über drei Module verteilt sein wird. Beim Abbau der Anlage stellt sich dann die Frage: Wohin mit dem Seil. Deshalb haben die beiden Fahrzeuge jeweils ihr eigenes Seil, was mittels Seiltrommel auf- bzw. abgewickelt werden kann. Bei Abbau der Anlage können beide Seile dann eingezogen und gesichert werden. Für den Betrieb werden die Fahrzeuge in Anfangsposition gefahren und beide Seiltrommeln mit einem Stift starr gekuppelt.

Der Antrieb besteht aus jeweils einem Getriebemotor, der seine Kraft über ein Reibrad an die Seiltrommeln abgibt. Neben dem einfachen Aufbau hat das Reibrad noch den Vorteil, dass es durchrutscht, falls etwas blockieren sollte. Gegen Seilsalat bei Talfahrt hilft eine Seil- überwachung die bei fehlender Seilspannung den Antrieb abschaltet. Damit genug Seilspannung aufgebaut wird, müssen die beiden Fahrzeuge allerdings so schwer wie möglich sein.

Als Seil verwende ich ein 49adriges Edelstahlseil mit 0,5 mm Durchmesser. Dieses ist allerdings sehr knickempfindlich und schnell unbrauchbar. Alle Umlenkrollen sind deshalb unbedingt mit einer Seilführung auszurüsten, die ein Abgleiten des Seils verhindert. Ein weiterer, dem Modell geschuldeter Aspekt, ist die Tatsache, dass die Zugkraft im Seil wesentlich höher ist als die Kraft durch das Eigengewicht.

Das Seil hängt somit auch auf längerer Distanz kaum durch. Damit es sauber über die Tragrollen läuft und nicht herausspringt, ist die Gleistrasse zumindest eben fluchtend, besser etwas konvex auszubilden.

 

Die Kleinbahn:

 

Bei der Gestaltung der elektrisch betriebenen Kleinbahn liegt kein konkretes Vorbild zu Grund. Hier habe ich mich von meiner Fantasie und typischen Kleinbahngrundsätzen leiten lassen. Anleihen stammen von der Schleizer Kleinbahn, der Oberweisbacher Bergbahn und der Klingenthaler Kleinbahn. Beim Fahrzeugmaterial ist es ähnlich. Kleinbahntypisch ist von jeder Baureihe nur ein Fahrzeug vorhanden. Den Personenverkehr verrichten eine abgewandelte E69 und ein Schlepptriebwagen nach Vorbild der Schleizer Kleinbahn. Dieser ist zusammen mit einer Stangen E-Lok auch für den Güterverkehr zuständig. Als Reserve dient die Zweikraftlok V16 004. Zur Verstärkung im Personenverkehr wurde ein Kittel-Dampftriebwagen mit Beiwagen von der Staatsbahn ausgeliehen und zu guterletzt ist noch ein Triebwagen-Kuriosum vorhanden welches bei der Neuhaldensleber Kleinbahn im Einsatz war. Als Personenwagen fanden vier alte Röwa-Bausätze Verwendung. Diese wurden etwas angepasst und geben den morbiden Charme einer Kleinbahn gut wieder. An Güterwagen sind verschiedene aktuelle Modell der Epoche II unterwegs. Allen Fahrzeugen gemein ist die begrenzte Länge, denn sie müssen auf die Güterbühne der Standseilbahn passen.

Betriebsmittelpunkt der Kleinbahn ist der Bahnhof Bad Flinsberg. Hier ist auch der Übergang zur Güterbühne der Standseilbahn, die die Verbindung zur DRG herstellt. Der Bahnhof beansprucht zwei Module. Von hier kann die Kleinbahn in eine Richtung nach Lust und Laune vorgestreckt werden. Ende offen. Weiterhin endet hier auch eine unter einfachsten Verhältnissen betriebene Schachtbahn mit Werkspersonenverkehr. Das Übergabegleis mit Bahnsteig neben dem Lokschuppen ist schon mal mit eingebaut. Dadurch ist es möglich die Anlage auch in die andere Richtung zu erweitern.

Die Fahrleitungsanlage ist der Schleizer- und Klingentaler Kleinbahn entlehnt und hat im wesentlichen strassenbahntypische Merkmale. Auch die Stromabnehmer der elektrischen Triebfahrfahrzeuge stammen von der Strassenbahn und sind denen der Schleizer Kleinbahn ähnlich. Nach geeigneten Kupplungen habe ich lange gesucht, bis ich bei H0-fine fündig geworden bin. Da nur hin und her gefahren wird und die Radien nicht unter 650 mm liegen, sind alle Fahrzeuge auf einer Seite mit einem Haken und auf der anderen Seite mit einem Bügel ausgestattet. In Verbindung mit Federpuffern ergibt sich ein sehr feines Bild vom Zugverband. Entkuppelt wird an jeder beliebigen Stelle per Stab mit Neodym-Magnet.

Die Weichen werden per Taster von der Anlagenrückseite bedient und sind motorisch angetrieben. Natürlich mit beleuchteter und drehbarer Laterne. Gefahren wird digital.

 



Vom Baufortschritt gibt es Neues zu vermelden.

Die Strecke der Standseilbahn ist fertig und ausgiebig getestet. Über eine Besuchertaste kann eine Fahrt vom Publikum ausgelöst werden.

Da die Anlage beleuchtet ist, hat auch die Personenbühne eine Innenbeleuchtung erhalten. Dafür wird eine Zuschlußbeleuchtung modifiziert. Der Goldcab kann an den Endpunkten über Schleifkontakt geladen werden.

Auch an der Kleinbahn ging es weiter. Ein Streckenmodul mit Teichlandschaft und ein Doppelmodul mit dem Gleisanschluß Forst Flinsberg sind in Arbeit. Wenn der zweite Teil des Doppelmoduls technisch fertig ist, bekommen alle Teile ihre Landschaftgestaltung im Herbst-Look. Der Gleisanschluß Forst Flinsberg erhält auch einen Bahnsteig. Damit kann der Werkpersonenverkehr der Schachtbahn über die Gleise der Kleinbahn bis hier her ausgedehnt werden.

 

Hier gibt es die Gleispläne


bis auf Büsche und Bäume sind einige Teile fast fertig

Fotos nach Fertigstellung des ersten Abschnitts

da die Anlage beleuchtet ist, hier noch ein paar Nachtimpressionen

Leider habe ich irgendwie die Lust an diesem Projekt verloren. Die Anlage wurde deshalb verkauft.